Eigentumsrückgabe unklar 2009
– 13. März 2009 –
Wenig Klarheit bei Eigentumsrückgabe
Heinz Götsch, Rechtsanwalt/Hermannstadt
In dem Artikel „Kommunistischer Diebstahl legitimiert“ wurde die Frage offen gelassen, ob diejenigen Eigentümer, die keinen Antrag auf Eigentumsrückgabe innerhalb der Frist bis zum 14. Februar 2002 gestellt haben, noch eine Chance vor den rumänischen Gerichten haben. Dazu haben sich nun 85 Richter (von den insgesamt 115 aktiven Richtern des Obersten Gerichtshofes) geäußert. Das Urteil Nr. 33 wurde am 23. Februar 2009 im Amtsblatt Rumäniens Nr. 108 mit seiner Begründung im Volltext veröffentlicht.
Der doppelsinnige Urteilsspruch war schon am 9. Juni 2008 verkündet worden. Es bestand Hoffnung, dass die Begründung des Urteils mehr Klarheit bringen würde, nachdem die Richter sich neun Monate dafür Zeit genommen haben. Diese Hoffnung ist nicht aufgegangen. Klar und verständlich formuliert ist das Urteil nur in Bezug auf die für alle Gerichte in Rumänien verbindliche Regel, dass das Rückgabegesetz Nr. 10/2001 Vorrang vor den Allgemeinvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches hat, welches auch Vorschriften zu Rückerstattungsklagen (acţiune în revendicare) beinhaltet. Das Rückgabegesetz Nr. 10/2001 habe als Spezialgesetz Vorrang und die anderen juristischen Wege bleiben Antragstellern in „aller Regel“ verschlossen. Nach rechtskräftiger Ablehnung eines Antrages nach dem Gesetz 10/2001 sei auch kein anderer Antrag nach Artikel 480, 481 des Bürgerlichen Gesetzbuches mehr möglich.
Das Urteil sieht eine Ausnahme vor, ohne diese jedoch klar zu beschreiben. Die Richter haben sich offenbar bemüht, den Sachverhalt möglichst vage zu umschreiben. Es heißt: „In dem Fall, in welchem das Spezialgesetz Nr. 10/2001 nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention übereinstimmt, hat die Letztere Vorrang. Dieser Vorrang kann im Rahmen einer Rückerstattungsklage nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches gegeben werden, wenn dadurch kein anderes Eigentumsrecht oder die Stabilität der Rechtsverhältnisse tangiert werden.“ Das kann heißen, dass man einen Anspruch auf Häuserrückgabe nur geltend machen kann, wenn der Staat nicht an den Mieter verkauft hat, also dadurch nicht in ein bestehendes Eigentumsverhältnis eingegriffen wird.
Die Sprache dient bekanntlich dazu, Sachverhalte verständlich zu machen. Wenn jedoch auch Juristen ein Urteil, das nach erklärter Absicht der Beteiligten Klarheit bringen sollte, nicht in das Juristische einordnen können, dient es eher dazu den Nebel in den Köpfen der Rechtsuchenden zu verdichten, aber nicht zu lichten. Es bleibt nun wieder den untergeordneten Instanzen in Rumänien vorbehalten, dieses Urteil zu interpretieren und anzuwenden und wohl Aufgabe des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, den rumänischen Staat für die rumänische Rechtsprechung zu verurteilen. Die Frage, ob mit diesem Urteil der Vorhang gefallen ist, bleibt offen. Nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kann ihn wieder lüften.
So hat das Gericht in Straßburg am 3. März 2009 im Fall Deneş u.a. (AZ.: 25862/03) erneut Rumänien wegen Verletzung der Menschenrechtskonvention in einem Restitutionsverfahren verurteilt. Die Richter zitieren die Mahnungen der EU und stellen fest, dass Rumänien es offenbar nicht verstanden habe, was zu unternehmen sei, um solche Verurteilungen zu vermeiden. Die Richter sind der Auffassung, dass der beklagte Staat Rumänien in kürzester Zeit durch gesetzgeberische Maßnahmen und Änderung der Verwaltungs- und Haushaltsverfahren die schnelle und wirksame Verwirklichung der Entschädigungen, im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtmäßigkeit, zum Schutz des Eigentumsrechts, gemäß Artikel 1 des Protokolls Nr. 1, unter Berücksichtigung der Grundsätze der Rechtsprechung des Gerichtshofes gewährleisten muss. Insbesondere müsse Rumänien die Verfahren der Restitutionsgesetze (derzeit der Gesetze 10/2001 und 247/2005) so ausgestalten, dass sie wirklich kohärente, schnelle und vorhersehbare Verfahren werden.