Eine „rumänische“ Geschichte

Eine „rumänische“ Geschichte

– eine von vielen, hoffentlich mit Ende –

Schilderung von Frau Eva Gaal

 

Nach der großen Euphorie der Jahre 1989-1990, als wir alle glaubten, dass es Rumänien endlich gelungen sei, den Weg der Demokratie einzuschlagen, wurden wir - alle die, die in den letzten Jahrzehnten aus wohl bekannten Gründen in den „Westen“ emigriert sind – von der Wirklichkeit eingeholt.

Wir haben alle gehofft, dass all das Unrecht, das uns während des Kommunismus widerfahren ist und aus dessen Grund wir uns auch zur Emigration, Übersiedlung, Aussiedlung etc. entschlossen haben, unsere Besitztümer zurücklassend, eine Wiedergutmachung erlebt.

Spätestens als die ersten Gesuche auf die neu geschaffenen Gesetzte basierend bezüglich Restitution eingereicht wurden und die ersten Zurückweisungen kamen, wurden wir eines Besseren belehrt.

Meine Eltern versuchen nunmehr seit gut 15 Jahren ihren Anspruch auf ihr Eigentum geltend zu machen.

Als 1979 Rumänien verlassen haben wurde ihr Haus mit Grundstück im Zentrum von Tirgu Mures, str. Grivita Rosie 10, verstaatlicht. Meine Grosseltern wurden gezwungen das Haus Ende Dezember 1985 zu räumen. Meine Grossmutter hat dies nicht überlebt, sie starb kurz vor Weihnachten. Meinem Grossvater haben die Behörden eine Wohnung in einer Plattenbausiedlung zugewiesen. Das Haus wurde an Tov. General Constantin Eftimie (General der Securitate jud. Mures) vermietet.

Im Jahre 1995/1996 haben wir Antrag auf Restitution bei der zuständigen Behörde gestellt. Mit Entscheid 438 vom 3. Juni 1997 wurde das Gesuch mit der Begründung abgelehnt, meine Eltern hätten versäumt eine Bescheinigung beizubringen, dass sie die rumänische Staatsangehörigkeit haben. In diesem Bescheid wurde auch festgehalten, dass meine Eltern schriftlich angehalten worden seien, diesen Beweis zu erbringen. Komischerweise wurde diese schriftliche Aufforderung undatiert und ohne Fristsetzung zugestellt. Laut diesem Entscheid waren sie nicht mehr berechtigt, das Haus samt Grundstück in Natura zurückzubekommen, sondern es stand ihnen nur eine Entschädigung zu. Die schriftliche Bestätigung der rumänischen Botschaft in Bonn, dass sie den rumänischen Pass beantragt haben, wurde von den lokalen Behörden in Rumänien nicht akzeptiert.

Es folgten Berufungen, Prozesse, die allesamt abgelehnt worden sind, mit der Begründung, dass der Beweis einer rumänischen Staatsbürgerschaft nicht zur gesetzten Frist beigebracht worden sei.

Am 19. November 2002 hat das Bürgermeisteramt mit Erlass Nr. 1393 meinen Eltern mitgeteilt, dass die Stadtverwaltung das Haus samt Grundstück (214/731 m2) mit Kaufvertrag Nr. 30/3.08.2000 an Eftimie Veronica verkauft habe. Ob die Käuferin die Ehefrau oder die Tochter des besagten Generals i.R. der Securitate ist, ist nicht wirklich relevant.

Bevor dieser Kauf getätigt wurde, hat mein Vater sowohl die Stadtverwaltung als auch den Käufer schriftlich aufgefordert von dem Kaufvertrag abzusehen, weil er, der rechtmässige Eigentümer Anspruch auf die Liegenschaft erhoben hatte und entsprechend die Gerichtsverhandlungen noch im Gange seien. Das Einschreiben mit Rückschein wurde am 19. Juli 1996 an die Empfänger per Post zugeschickt. Beide Parteien haben das Schreiben entgegengenommen und durch Empfangs-Unterschrift bestätigt.

Danach folgten auf allen Instanzen allesamt verlorene Prozesse, gegen den neuen Eigentümer, gegen die Stadtverwaltung, usw.

Letztendlich wurde dann 2006 ein Gesuch bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Ein Entscheid ist noch ausstehend.

Mittlerweile ist mein Vater 89 Jahre alt geworden und meine Mutter 82. Meine Mutter ist nach mehreren Hirnschlägen im Rollstuhl und ein Pflegefall. Ob die beiden noch das Ende dieser Geschichte erleben, sei dahingestellt.

Zwischenzeitlich ist wieder Hoffnung da, dass die Sammelklage, die kürzlich gegen Rumänien erhoben worden ist, doch noch die ersehnte Lösung bringen wird.

Ein Bespiel demokratischer Entwicklung in Rumänien nach zwanzig Jahren „Freiheit“ und „Recht“.

Zürich, den 26. September 2010.