Hilferuf an Bundeskanzlerin 2012-04-19

Beitragsseiten

Puzzle-Teil Appelle & Petitionen

Dringender Appell - Neue Enteignungen in Rumänien

 

Download: Dringender Hilferuf Dringender Hilferuf [928 KB] · Urgent Call For Help Urgent Call For Help [672 KB]

Absender:
ResRo - Interessenvertretung RESTITUTION in Rumänien e.V.
Korrespondenzadresse: Karin Decker-That, Boschstr. 12 a, 86343 Königsbrunn

APP Asociatia pentru Proprietatea Privată Str. Paul Orleanu 6, 050742 Bukarest, Rumänien

 

Empfängerin:
Frau Bundeskanzlerin
Angela Merkel
Willy-Brandt-Strasse 1
10557 Berlin

München, den 19.04.2012

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

in einem Brief an Sie, am 23. August 2011, hatten die beiden o.a. Vereine, denen auch viele deutsche Staatsbürger angehören, ihre Besorgnis über die Verletzung der Menschenrechte in Rumänien und besonders über die Missachtung des Eigentumsrechts, berichtet.

Da nur zwischen 20–30 % der eingereichten Rückgabeanträge für Immobilien und Grundstücke gelöst wurden, zu denen auch Fälle gehören, die in korrupter Weise Unbefugten genehmigt wurden, haben sich viele Antragssteller an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR gewendet, wo zurzeit über 2.000 Anträge auf Restitution in Rumänien auf ein Gerichtsurteil warten. Daraufhin hat der EGMR ein Piloturteil1 gefällt, in dem die rumänische Regierung angemahnt wird, bis zum 12.07.2012 die Restitutionsgesetze und deren Umsetzungsverfahren dahingehend zu ändern, dass rechtmäßige Eigentümer die konfiszierten Güter zeitnah zurückerhalten oder ihnen eine angemessene Entschädigung zugesprochen wird.

Auf diese Aufforderung des EGMR hat Rumänien mit einem Gesetzentwurf reagiert, der die Empörung der in der kommunistischen Zeit enteigneten Eigentümer hervorruft. Folgende Inhalte des neuen Gesetzentwurfs haben zur berechtigten Bestürzung geführt:

  1. Es werden alle bisherigen gesetzlichen Regelungen der Restitution, außer Geldzahlungen, gestrichen.

    Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf vor:

    • Beschlagnahmte Immobilien sollen nicht zurückgegeben werden. Hierdurch werden Günstlinge der politischen Herrschaftsklasse, die konfiszierte Immobilien zu Schleuderpreisen gekauft haben, auf Kosten der ursprünglichen Eigentümer privilegiert und rechtmässige Eigentümer diskriminiert.

    • Der neue Gesetzentwurf sieht auch die Streichung gleichwertiger Entschädigungen vor; bislang favorisierte die rumänische Restitutionsbehörde ANRP eine Entschädigung durch äquivalente Immobilien/Grundstücke, die von Staatsregien oder Lokalbehörden verwaltetet werden. Zahlreiche Pressebeiträge berichten über Korruption innerhalb solcher Regien, wie RA-APPS (Protokollimmobilien), Romsilva (Verwaltung der Staatsforsten), ADS (Verwaltung der Staatsgüter) oder von Bürgermeistern, die zwar angeklagt, aber nie bestraft werden2. Gemäß einer Untersuchung der Zeitung Ziarul Financiar, verwaltet ADS mehrere hunderttausend Hektar landwirtschaftliche Flächen, die für äquivalente Entschädigungen eingesetzt werden könnten.

    • Geldbeträge aus sicheren Einnahmen des Staates (z.B. Schulden des Iraks in Höhe von 865 Millionen US $), die für Entschädigungen vorgesehen waren, werden jetzt in andere Kanäle geleitet.

  2. Hunderttausende Personen werden durch die neue Entschädigungsregelung, die Zahlungen in Höhe von lediglich 15 % des Marktwertes vorsieht, diskriminiert: Wer sich nicht namhafte und einflussreiche Anwälte leisten konnte, oder nicht bereit war, Schmiergelder zu zahlen, wird jetzt gegenüber denjenigen benachteiligt, die bereits entschädigt wurden. Die drastische Kürzung wirkt sich rückwirkend auch auf jene Fälle aus, in denen Geldentschädigungen genehmigt, aber noch nicht ausbezahlt wurden, sowie auf die beim EGMR eingereichten Klagen, die seit dem Piloturteil auf eine Entscheidung warten. Es sind bereits Korruptionsfälle innerhalb der Restitutionsbehörde ANRP aufgeflogen, die mit der Bearbeitung der Rückgabeanträge zusammenhingen. Sogar der Vizepräsident der ANRP wurde wegen Korruption verhaftet. Der Ministerpräsident hat eine Untersuchung angeordnet, um festzustellen, ob es noch weitere Korruptionsfälle gab.

  3. Der Gesetzentwurf sieht keine Strafen für Behörden bei Nichtbefolgung des Gesetzes oder Verschleppung der Termine vor. Auch die von den Restitutionsgesetzen 10/2001 und 247/2005 vorgesehenen Strafen, wurden äußerst lax angewandt und nur selten verhängt. Die Folge: Bis heute, mehr als elf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes 10/2001, wurden nur ca. 20 % der Anträge bearbeitet.

    Wir weisen darauf hin, dass in keinem Ostblockstaat, außer der Sowjetunion, die Konfiskationen in so großem Ausmaß und mit solcher Brutalität durchgeführt wurden, wie in Rumänien. Eigentümer, die Widerstand leisteten, wurden verprügelt, eingesperrt oder gar umgebracht. Viele wurden deportiert und erhielten den Vermerk „Zwangsaufenthalt“ in ihrem Ausweis. Die Verschleppung der Banater Schwaben in den unwirtlichen Bărăgan war ein eigenes Kapitel der kommunistischen Verbrechen.

    Aus den oben angeführten Gründen flehen wir Sie an, Ihren gesamten politischen Einfluss auf die rumänischen Behörden auszuüben, damit die Diskriminierung einer breiten Bevölkerungsschicht durch die aktülle rumänische Regierung aufhört, und das Land zur wirtschaftlichen Gesundung Europas beitragen kann.

Die Regierung Rumäniens versucht über ein Dringlichkeitsverfahren im Parlament, das neue Konfiskationsgesetz so schnell wie möglich durchzusetzen.

Wenn Sie sich in dieser Sache erfolgreich für die Menschenrechte der Enteignungsopfer Rumäniens, – allen voran der noch unter uns weilenden Vertreter der Erlebnisgeneration –, durchsetzten würden, wäre Ihnen, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, der Dank des rumänischen Volkes, das in Korruption versinkt und auf deutsche Unterstützung hofft, mit Sicherheit beschieden.

Hochachtungsvoll

Asociatia pentru Proprietatea Privată APP
Vorsitzender RA Călin Ispravnic

ResRo - Interessenvertretung Restitution in Rumänien e.V.
Vorsitzende Karin Decker-That

---------------------------------------------------------------------
1 Urteil Maria Atanasiu u.a. gegen Rumänien (Anträge Nr. 30767/05 und 33800/06) - 12.10.2010

2 z.B. http://www.ziare.com/stiri/ani/averea-directorului-raapps-verificata-de-ani-1100349 oder die Zeitung România Liberă vom 05.01.2010, Zeitung Cotidianul vom 07.12.2010, usw., usf.

 

Nachrichtlich an:

  • Traian Băsescu, den Präsidenten von Rumänien
  • den Deutschen Bundespräsidenten, Pastor Joachim Gauck
  • den Beauftragten der Deutschen Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Dr. Christoph Bergner
  • den Vorsitzenden des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dr. Bernd Fabritius
  • die Rumänische Botschaft Berlin
  • das Rumänische Generalkonsulat München
  • der Nuntius des Vatikans, Botschaft Berlin
  • die Britische Botschaft Berlin
  • die Konsularagentur der Vereinigten Staaten von Amerika
  • den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama
  • die Französische Botschaft Berlin
  • die Botschaft des Souveränen Malteser Ritterordens, Wien
  • den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon
  • den Präsidenten des Europarates, Herman Van Rompuy
  • den Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland
  • den Generalsekretär des O.S.C.E., Lamberto Zannier
  • die Sekretärin des EU-Ministerrates, Director General Ms Mireille Paulus
  • den Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Sir Nicolas Bratza

 


 

Urgent appeal - new expropriations in Romania

 

Download: Dringender Hilferuf Dringender Hilferuf [928 KB] · Urgent Call For Help Urgent Call For Help [672 KB]

Send by:
ResRo - Interessenvertretung RESTITUTION in Rumänien e.V.
Address for correspondence: Karin Decker-That, Boschstr. 12 a, 86343 Königsbrunn

APP Asociatia pentru Proprietatea Privată Str. Paul Orleanu 6, 050742 Bukarest, Rumänien

 

Send to:
The German Chancellor
Mrs. Angela Merkel
Willy-Brandt-Strasse 1
10557 Berlin

 

Munich, 19 April 2012

Dear Chancellor,

on 23 August 2011 the two associations mentioned above, wrote you a letter concerning the violation of human rights in Romania, and reported you especially about the violation of property rights.

Because only between 20-30% of the submitted applications for restitution of real estate and corporeal hereditaments have been resolved up to the present (including numerous cases which have been approved in a corrupt dishonest manner), many applicants have appealed to the European Court of Human Rights ECHR, where currently about 2,000 applications are awaiting a court judgment for restitution in Romania. In response, the ECHR made a pilot judgment1, dunning the Romanian Government to modify the restitution laws and their implementation until 07/12/2012, so the rightful owners get back the confiscated goods promptly or to get a reasonable compensation instead.

Romanias response on the demand of the ECHR has caused the anger of the canonical owners, dispossessed during the communist period. The following contents of the new bill have led to the justified consternation:

 

  1. All previous legal regulations of the restitution will be canceled, except cash payments.

    Specifically, the bill provides:

    • Confiscated property shall not be given back. Through this, the protegee of the political ruling class, who bought confiscated property at bargain prices, are being privileged, while rightful owners are discriminated.

    • The new bill also provides the cancellation of equivalent compensations; up to the present, the Romanian National Authority for the Restitution Process (ANRP) preferd the compensation through equivalents real estate or plots of land, which are administered and managed by state or local authorities control rooms. Numerous media are reporting about corruption in such control rooms, as RA-APPS (log homes), Romsilva (management of state forests), ADS (State Administration of goods) or mayors, although accused, are never been punished2. According a study of the newspaper Ziarul Financiar, ADS manages several hundred thousand hectares of agricultural areas, which could be used for equivalent compensations.

    • Amounts of cash from safe Government revenue (for example, Iraq's debt equal to 865 million U.S. $), which were intended to compensate expropriation victims, will now be directed into other channels.

  2. Hundreds of thousands of people are being discriminated by the new compensation control, which provides payments only to the tune of 15% of market value: Those who could not afford well-known and influential lawyers, or were not willing to pay bribes, are now in disadvantage compared to those that have already been compensated. The drastic reduction affects also retroactively those cases in which a compensation in moeny has been approved but not yet paid out, aswell on the complaints lodged with the ECHR, waiting for the pilot judgment on a decision. There have already been detected cases of corruption within the authority for the restitution process ANRP, connected with the processing of requests of restitution. Even the Vice President of ANRP was arrested for corruption. The Prime Minister has ordered an investigation, to determine whether there were other Korruptionsfaelle corruption cases.

  3. The bill provides no penalties for non-compliance with authorities of the law or deportation before the deadline. Also penalties provided by the restitution laws 10/2001 and 247/2005 were applied extremly lax and rarely imposed. The result: Today, more than eleven years after the entry into force of Law 10/2001, only about 20% of the submited applications have benn processed.

    WWe point out that in any Eastern bloc country, except the Soviet Union, the confiscations were carried out in such great magnitude and with such brutality, as in Romania. Owners who resisted were beaten up, jailed or even killed. Many were deported and received the endorsement „assigned residence“ in their identity card. The spread of the Banatian Swabians in the inhospitable Baragan was a specifical chapter of communist crimes.

    For the above presented reasons, we implore you to exercise your entire political influence on the Romanian authorities, so the discrimination by the current Romanian government against a broad part of the population stopps at long last, and the country can help to the economic recovery of Europe.

The Government of Romania tries at the moment to enforce an emergency procedure in Parliament, in order to make the new confiscation law to come into effect as quickly as possible.

We insure you, if you are successful in defending the human rights of the expropriation victims of Romania, – especially because of the very old, but still among us, who had to suffer personally –, the guaranteed thanks of the Romanian people, which is bogging down into corruption and hopes for German support, would be yours, Madam Federal Chancellor.

Sincerely,

Asociatia pentru Proprietatea Privată APP
(Association for Private Property APP)
chairman lawyer Călin Ispravnic

ResRo - Interessenvertretung Restitution in Rumänien e.V.
(ResRo - representation of restitution interests in Romania, registered Association)
chairwoman Karin Decker-That

---------------------------------------------------------------------
1 Judgment Maria Atanasiu and others against Romania (applications no. 30767/05 and 33800/06) - 12/10/2010

2 e.g. http://www.ziare.com/stiri/ani/averea-directorului-raapps-verificata-de-ani-1100349 or the newspaper România Liberă from 05/01/2010, newspaper Cotidianul from 07/12/2010, etc.

 

Memo to:

  • Traian Băsescu, the president of Romania
  • the German Federal President, Pastor Joachim Gauck
  • the Representative of the German Federal Government for Ethnic Affairs, Dr. Christoph Bergner
  • the Chairman of the Association of Transylvania Saxons, Dr. Bernd Fabritius
  • Romanian Embassy in Berlin
  • Romanian Consulate General in Munich
  • Nuncio of the Vatican's embassy in Berlin
  • British Embassy Berlin
  • U.S. Embassy in Berlin
  • the President of the United States of America, Mr. Barack Obama
  • French Embassy in Berlin
  • the Embassy of the Sovereign Military Order of Malta, Vienna
  • UNITED NATIONS, Secretary General Ban Ki-moon
  • EUROPEAN COUNCIL, President Mr. Herman Van Rompuy
  • COUNCIL OF EUROPE, The Secretary General, Mr Thorbjørn Jagland
  • O.S.C.E., Secretary General, Mr. Lamberto Zannier
  • Secretary to the Committee of Ministers, Director General Ms Mireille Paulus
  • President of the European Court of Human Rigthts, Sir Nicolas Bratza

 


 

Download: Antwortschreiben des Bundeskanzleramtes Antwortschreiben des Bundeskanzleramtes [128 KB]

Absender:
Bundeskanzleramt

Dr. Christian Pernhorst
Legationsrat Erster Klasse
Referat 212 (Mittel-, Ost- und Südosteuropa, Südkaukasus, Zentralasien)

HAUSANSCHRIFT Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin
POSTANSCHRIFT 11012 Berlin

TEL 4930 18400-2276
FAX 4930 18400-2206
E-MAIL christian.pernhorst[at]bk.bund.de


Empfängerin:
ResRo - Interessenvertretung Restitution in Rumänien e.V.
Frau Karin Decker-That
Boschstraße 12a
85343 Königsbrunn


Berlin, 11. Mai 2012

Sehr geehrte Frau Decker-That,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 19. April 2012 an Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, in dem Sie Ihre Besorgnis über die Verletzung der Menschenrechte und die Missachtung des Eigentumsrechts in Rumänien äußern. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Ihnen die Bundeskanzlerin angesichts einer Vielzahl von Briefen, die sie täglich erreicht, nicht persönlich antworten kann.

Die Bundesregierung führt zu den von Ihnen zu Recht genannten Themen bereits seit einiger Zeit Gespräche mit der rumänischen Regierung. Nach unserer Kenntnis will die gerade neu im Amt befindliche Regierung den bisherigen Gesetzentwurf zurücknehmen und einen neuen Entwurf vorlegen.

Wir hoffen mit Ihnen auf eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung.

Mit freundlichen Grüßen

 

 


 

Download: Presseecho in der Banater Zeitung Presseecho in der Banater Zeitung [736 KB]

Die in Rumänien erscheinende „Banater Zeitung“, – Wochenblatt für Temesch, Arad und das Banater Bergland –, hat in ihrer Ausgabe Nr. 955 vom 25. April 2012 auf ihrer Titelseite einen Artikel des Redakteurs Werner Kremm publiziert, der in hohem Maße aus dem ResRo- und APP- Brief „Dringender Appell - Neue Enteignungen in Rumänien“ zitiert, den die Vorsitzenden der beiden Vereine am 20. April 2012 an die deutsche Bundeskanzlerin und an andere hochrangige politische Persönlichkeiten verschickt haben.

Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Redaktion der Banater Zeitung, die den Mut hatte, dieses heiße Eisen aufzugreifen! Dies ist gleichsam „journalistisches Neuland“, weil bislang alle Medien, die wir über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen bezüglich der während des Kommunismus in Rumänien konfiszierten Immobilien informierten, höchstens am Rande darüber berichteten und sich hüteten, den Sachverhalt in derselben Klarheit zu benennen, wie der ResRo e.V. oder APP.

.